Auszüge aus dem zweiten Tagebuch
von Michael Schneider




Tagebuch Titelblatt


Nr. II

Mein Tagebuch

Erlebnisse in Argentinien

Pampa Central

Vom 2. November 1924
bis 31. Dezember 1925



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Mittwoch, den 18. Febr. 25. Villa Alba

Es ist 1 h mittags. Kaum sehe ich soviel, diese Zeilen in meinem Tagebuch zu schreiben. Es ist dunkel wie am Abend und düster als ob das Ende der Welt kommen wollte: "die Himmel über der Pampa haben ihre Schleusen geöffnet und ein Wolkenbruch verdüstert das Licht der Sonne; der ausgetrocknete Boden kann nicht mehr alles aufnehmen und kleine Bäche mit Schlamm eilen durch das Dorf. Die Wolken hängen nahe zum Greifen und einzelne lose Nebelfetzen jagen direkt über die Häuser sich an ihnen zer... wie auf den heimatlichen Tagen. Die Gegend ganz in grau mit braun in braun verschwommen. Niemand zeigt sich auf der Straße und viele Häuser schwimmen im Dreck. So dauert es bereits seit heute Morgen. Ein seltenes Bild in der Pampa und doch so wertvoll für Alles: Mensch, ... und Landwirtschaft. Vor bis vor kurzem andauernden Hitze von bis zu 47 Grad Celsius ist eine angenehme Abkühlung gefolgt und wird die größte Hitze vorüber sein.

20. II. 25

Bis gestern Abend andauernd Regen; ca. 210 mm. Heute wieder schön Wetter.

Samstag, 21. Febr. 25

Wieder eine Lücke mehr in meinem Herzen. Braun Ludwig?? ist eben abgefahren nach B. A. [Buenos Aires]. Ich bin immer noch viel zu sentimental. ...mich an, wenn ich einen Freund hier verliere und wieviel habe ich daheim freiwillig hinterlassen? Hier ist es immer ein Abschied auf vielleicht "Nimmerwiedersehen" und die guten Freunde und Landsleute sind doch so wenig - doch das rauhe Schicksal kennt keine Ruhe. Solange noch eine Stücklein vorhanden vom Herzen wird es zerfleischt und zerrissen – armseliges Erdenleben ---

Gestern Abend in der H. Meßfeier? von R. Reilo? .... zum erstenmale ... in Amerika. Wer weiß wann wieder.

Samstag, am 28. [oder 26.?] Feb. 25 Villa Alba

Meine Tage hier sind gezählt: morgen oder übermorgen geht es wieder hinaus in die Waldeinsamkeit nach der Salzlagune. Fritz hat dort von W... ca. 50 ha Land zum Säen erhalten. Als Gegenleistung mussten wir achten auf dessen Vieh. Fritz ist gut gelaunt, denn nun ist sein Wunsch, selbst eine Chacra [= kleines Landgut] anzufangen, zum Teil erfüllt. Als er seinerzeit mit W. in Bahía war, hat er auch bereits Pflug, Geschirr und … sonstige Werkzeuge angeschafft und er geht mit frischem, frohem Mut ans neue Werk. Möge Gott seinen Segen geben; es tut hier so Not ... für Anfänger. Was Fritz mit mir und meiner Arbeit für die Zukunft zu tun gedenkt - ich weiß es nicht – er spricht darüber kein Wort – ich frage ihn nicht. Ich arbeite halt auch fest drauf los und rechne die ersten drei Jahre für Lehrjahre, klärt sich die Sache bis dort nicht zu beider Gunsten, dann werden wir schon sehen. Die Aussichten für die kommende Ernte wären gut, nachdem die letzten Tage ziemlich viel Regen gefallen ist – man kann fast sagen eine Halbjahresmenge. Das feuchte Wetter hält immer noch an und bedeckt die Pampa mit frischem, jungem Grün, das ich bis jetzt nicht sah. Vielleicht folgt auf das heurig magere Jahr ein besseres auch für uns. Dann wäre für den Anfang vieles gewonnen. Hoffen wir zu Gott – er wird es zu richten wissen.

Heute ist auch Namenstag meiner lieben Schwester Wally [eigentlich ist es der 25.2.]. Ich denke an Sie und alle die Meinen – Die Zeit vergeht furchtbar rasch. Über ein halb Jahr bin ich nun hier – wie bald werden es 10 sein und dann - - - ? Ich will nicht weiter daran denken.

Fasching ist auch vorüber - nicht so komisch wie in der Heimat nichts als Autos beladen mit Juden, Männchen und Weibchen – sonst keine Sehenswürdigkeit – war auch der erste Fasching hier in Villa Alba.

Meine Bilder sind ziemlich gut ausgefallen und ich will sie in den nächsten Tagen nach der Heimat senden. - Erledigt am 2. III. 25

Bei der Salzlagune am 4. März 1925 (Mittwoch)

An der Wiege unserer ersten "Chacra". Sind gestern Abend, nachdem ich Fritz in Bernasconi erwartet habe, mit diesem hier her gekommen. Ein zweites Mal sind wir hier und wie gern bin ich das erste Mal abgezogen: "mit das gesch... Mächten ist keine ewiges Land zu fl... und darum ich bin gerne hier, weil es eben nichts anderes gibt. Aber wie es aussieht hier – grausam – alles muß renoviert werden ... ... Wand ist eingestürzt. Sind schon fort in Arbeit alles zu ordnen und etwas heimisch zu machen und dann wollen wir halt säen in Gottes Namen und warten was es gibt – Glück oder Ärger "nehmen müssen wir was kommt – doch wäre Glück am Anfang die Hauptsache. Fritz ist zur Zeit ziemlich erträglich? hoffentlich von Dauer und dann schaffe ich eben nur? lieber drauf los. Der neue Patron mit Bruder und Familie hat uns bereits einen Besuch abgestattet mit Auto.

Samstag, den 7. 3. 25

Heute ist der zehnte Jahrestag meiner .... - trauriges Gedenken für das ganze Leben. Was muss man da alles ertragen und wie vieles entsagen --- ... verschleiern will ... wieder – du todwürde Stelle in meinem Herzen. Fritz ist w. L. --- gestern haben wir für 2 Stück Schw. Mit 5 Jungen hierher bekommen ebenso auch Hennen und 2 Hähne. ... ist nun schon etwas belebter

Sonntag, 8. III. 25

Auf der Jagd nach Piche [Borstengürteltier] treffe ich zum ersten Mal rote Martin.. an, verdammtes Pech – das erste 2 Anfragen? ..... zur Grenze bringen.

Dienstag, 10.3.25

Bin eben mit dem alten Rías hier bei "Döbbalin?" um ein großes Schwein zu holen. Es ist verdammt heiß und wir werden erst am Abend fahren. Fuhr gestern früh bei Fritz ab und habe mit H. [Hans Schraufstetter?] hier übernachtet. Hoffentlich kommen wir gut an Ort und Stelle.

Freitag: Nach einer richtigen Saufahrt von abends 6h bis morgens 2:30 kamen wir endlich bei der Hütte an. Nachdem das Sauvieh sich dem anfangs unheimlichen Toben, ... und ... beruhigt hatte, gab es fast kein Lebenszeichen mehr von sich und wir glaubten sie tot anzubringen. Doch überstand sie die Fahrt ganz gut und ist bis jetzt wieder frisch und munter. Aber es hatte zu lange gedauert und es war sehr verärgert und wild wie ein .... Nun zu – eben nicht zu anderen. H. und ich arbeiten zur Zeit fest an der Reparierung der Hütte und es sieht bereits etwas wohnlich aus. R. ist heute nach B. [Bernasconi] mit Z nach einem Mordskerl? mit demselben. Wollte bis Mittag hier sein. Doch es ist bereits Abend 7 Uhr und noch nichts zu sehen.

Sonntag den 15.3.25

Mein lieber alter kranker Hiasl? schläft. Ich sitze neben ihm und weiß nichts was anfangen. Den ganzen Vormittag? gearbeitet. Fritz ist for bei Fritz? M. Öde Einsamkeit. Man gewöhnt sich langsam daran.



Tagebuch 2, 2. Doppelseite
Auf der zweiten Seite seines 2. Tagesbuches hat Michael seinen Namen in spanisch,
also Miguel geschrieben. Anscheinend später hat er in roter Farbe noch
"Villa Alba (Luis Braun)" hinzugefügt.


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Peter Ihrler, 29.01.2015